Salomons Homepage: Die Kirche im Kopf

"Nur wer am Ende über die
halsbrecherischen intellektuellen Verrenkungen
des Christentums lachen kann,
hat es wirklich verstanden."


Carsten Frerk/ Michael Schmidt-Salomon
Die Kirche im Kopf
Von „Ach Herrje!“ bis „Zum Teufel!“
286 Seiten, 18;- Euro
ISBN: 3-86569024-6

(Alibri Verlag, Aschaffenburg)

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Diese „Enzyklopädie für freie Geister und solche, die es werden wollen“ nimmt auf vergnüglich-böse Weise die „Kirche im Kopf“ aufs Korn. Analysiert werden Begriffe, Komplexe, Redewendungen, die oftmals erst auf den zweiten Blick ihre religiöse Herkunft verraten. Das Lexikon erklärt, warum im christlichen Kulturkreis angeblich „alles Gute von oben kommt“, warum insbesondere süddeutsche Artgenossen im Ärger zur „Kreuzigung der Türken“ aufrufen („Kruzitürken!“) und weshalb „Gott immer bei den stärksten Bataillonen ist“ („Heiliges Kanonenrohr!“).

Dabei setzt das Lexikon auf eine wohldosierte Rezeptur aus Information und Witz, denn die Autoren sind überzeugt, dass es nicht ausreicht, die einfältige Saga vom dreifaltigen Gott allein mit vernünftigen Gegenargumenten zu entkräften. Nur wer am Ende über die halsbrecherischen intellektuellen Verrenkungen des Christentums lachen kann, hat es wirklich verstanden.
Um ein tadelloses Mitglied
einer Schafherde sein zu können,
muss man vor allem ein Schaf sein.

Die großen Probleme dieser Welt
können nicht
mit derselben Denkweise gelöst werden,
mit welcher wir sie verursacht haben.

Albert Einstein


***

Vorwort

Achtung! Dieses Lexikon dient der Gehirnwäsche! Doch schrecken Sie nicht gleich zurück! Das böse Wort „Gehirnwäsche“, für viele automatisch mit destruktiver Manipulation oder gar Folter verknüpft, hat seinen schlechten Ruf bei genauerer Betrachtung gar nicht verdient! Denn: Waschen wir uns nicht täglich Arme, Hände, Füße, Gesicht oder Haare? Von Kopf bis Fuß unterziehen wir uns einer gründlichen Reinigung – und ausgerechnet unser wertvollstes Organ (das Gehirn!) soll eine solche Pflege nicht verdient haben? Nein, so lieblos sollten wir mit dem sensiblen Zentralen Nervensystem auf keinen Fall umgehen! Es ist schon einigermaßen schizophren, dass wir auf der einen Seite peinlichst darauf bedacht sind, der Peripherie (den Körperteilen) jede erdenkliche Pflege angedeihen zu lassen, während wir auf der anderen Seite billigen, dass das Zentrum unserer Persönlichkeit im Moder längst überholter Ideen zu ersticken droht.

In der Tat hat sich über die Jahrhunderte hinweg einiges an Unrat in den Köpfen der Menschen eingenistet: unbegründete Ängste, falsche Hoffnungen, ein ganzes Arsenal an religiösen Memen, die bestens in der Lage sind, die Freude am Diesseits zu vermiesen. Vielleicht haben Sie den merkwürdigen Begriff „Mem“ noch nie gehört. Das wäre nicht allzu verwunderlich, denn „Mem“ ist noch ein recht junges Wort, das bislang fast ausschließlich in akademischen Kreisen wütete und noch nicht allzu viel Zeit hatte, massenhaft Köpfe zu infizieren.

Der Evolutionstheoretiker Richard Dawkins, der den Begriff 1976 als kulturelles Gegenstück zum biologischen Gen prägte, fasste unter „Mem“ jegliche Idee, Verhaltensweise oder Fertigkeit, die anderen durch Imitation übertragen werden kann. Meme (beispielsweise Geschichten, religiöse Dogmen, Moden, Rezepte, Lieder) sollen wie Viren von Gehirn zu Gehirn springen und die Gedanken, Vorstellungen und Wünsche der Menschen infizieren können. Zwar fällt es uns einigermaßen schwer, Meme (beispielsweise den Webeslogan: „Nichts ist unmöglich – Toyota“) als selbständig agierende Replikatoren vorzustellen, die Hirne befallen, um sich auf diese Weise fortpflanzen zu können. Dennoch macht es Sinn, mit Hilfe dieser Metapher die Welt zu verstehen, d.h. heuristisch (zu Erklärungszwecken) davon auszugehen, dass Menschen sich so verhalten, als ob sie tatsächlich von solchen selbstreplizierenden Informationseinheiten (Genen und Memen) gesteuert würden.

In der Tat konsumieren und erschaffen unsere Gehirne täglich unzählige Meme, an deren Verbreitung und Untergang wir via Kommunikation teilhaben. Ihr Einfluss auf unser Verhalten ist so stark, dass der „Egoismus der Meme“ den „Egoismus der Gene“ durchaus dominieren kann. Bestes Beispiel: Wenn ein Selbstmordattentäter sich vor dem Ablauf seiner biologischen Reproduktionsfähigkeit in die Luft sprengt, begeht er zwar eine im biologischen Maßstab sinnlose Tat (evolutionär betrachtet ist er ein schrecklicher Verlierer im genetischen Wettbewerb um biologischen Fort-pflanzungserfolg), allerdings trägt er auf eine sehr drastische und wirkungsvolle Weise dazu bei, dass die von ihm vertretenen Werte und Ideen in der Welt Gehör finden. (Insofern ist er trotz seines biologischen Defizits ein strahlender Gewinner im memetischen Wettbewerb um kulturellen Fortpflanzungserfolg.)

Nach dem 11. September (ein Datum mit hoher memetischer Kraft) wurde viel über die sog. „Schläfer“ in unserer Gesellschaft diskutiert, über religiöse Fanatiker, die unauffällig bleiben, bis der Moment gekommen ist, an dem sie zuschlagen. Nicht diskutiert wurde jedoch über die „Schläfer in uns“, über religiös fanatische Meme, die oft ebenso unauffällig bleiben, bis die Umstände sie aus dem Dämmerschlaf erwecken. Ein gutes Beispiel für ein solches Mem ist der Mythos vom „verräterischen Schacherjuden“ Judas, der das Heiligste, das die Welt angeblich je gesehen hat (Gottsohn), für ein paar „Silberlinge“ verkauft haben soll. Nachdem dieses Mem Jahrhunderte lang in den Köpfen der Menschen herangezüchtet worden war, war es für die Nationalsozialisten ein Leichtes, es in bestialische Aktivität zu versetzen. Insofern darf man dem jüdischen Gelehrten Pinchas Lapide zustimmen, der einen mehr oder weniger direkten Weg von Golgatha nach Auschwitz nachgewiesen hat. Und dieser schreckliche Leidensweg ist wahrscheinlich noch lange nicht zu Ende. Die Gefahr ist solange virulent, solange das Mem der „jüdischen Gottesmörder“ Gele-genheit findet, sich irgendwo in den hinteren Schaltzentren menschlicher Hirne einzunisten. Das Problem hierbei ist, dass sich dieses volksverhetzende Anti-Judas-Mem ausgerechnet im sog. „Buch der Bücher“, der Bibel, versteckt hält. Solange die Bibel nicht mit dem gleichen weltanschaulichen Abstand gelesen wird wie beispielsweise Hitlers „Mein Kampf“, muss das Ansteckungs-risiko als außerordentlich hoch betrachtet werden.

Das Christentum hat neben dem Judenhass zahlreiche andere fortpflanzungspotente Meme in die Welt gesetzt. Einige davon sind bereits auf den ersten Blick grauenerregend, andere erscheinen bloß skurril, dumm und lächerlich. Viele von ihnen (beispielsweise der christliche Schuld- und Sühnegedanke) wirken auch in säkularen Köpfen unverändert fort. Aufgabe des vorliegenden Buches soll es sein, diese Meme aufzuspüren und auf unterhaltsame Weise zu entlarven. Wie ein Computer-Virenschutzprogramm fahndet es nach Überresten religiöser Viren in unseren Köpfen und hilft dem versierten User, unerwünschte Einträge aus der mentalen Matrix zu löschen.

Das von uns vorgeschlagene Hirnwaschprogramm arbeitet in zwei Stufen. In der ersten Stufe („Vorwäsche“) werden einfache Wörter, Flüche, Redewendungen analysiert, die häufig erst auf den zweiten Blick ihre religiöse Herkunft verraten. Hier erfährt man u.a. warum im christlichen Kulturkreis angeblich „alles Gute von oben kommt“, warum insbesondere süddeutsche Artgenossen im Ärger zur „Kreuzigung der Türken“ aufrufen („Kruzitürken!“) und weshalb „Gott immer bei den stärksten Bataillonen ist“ („Heiliges Kanonenrohr!“).

Nach diesen eher leichten Vorübungen geht es in der zweiten Stufe ans Eingemachte („Hauptwaschgang“), um komplexe Begriffe wie Schuld, Sexualität, Willensfreiheit usw. Diese Begriffe sind selbst in säkular sich dünkenden Köpfen von religiösen Konzepten überlagert. Es ist Aufgabe dieses Teils, die religiösen Denkmuster zu identifizieren und sie in pointierter Form einer wissenschaftlichen und humanistischen Denkungsart gegenüberzustellen.

Im Unterschied zu vielen anderen Lexika gibt diese Enzyklopädie nicht vor, weltanschaulich neutral zu sein. Selbstverständlich haben wir uns bemüht, Fakten unverzerrt zu präsentieren. Die Beurteilung dieser Fakten jedoch erfolgt aus einer dezidiert freigeistigen, humanistischen Perspektive: Wir sind der festen Überzeu-gung, dass alle Menschen gleichberechtigt und frei sein sollten in ihrem Streben, ihre Vorstellungen vom gutem Leben im Diesseits zu realisieren. Meme, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, sollten weder im Leben noch in einer „fröhlichen Wissenschaft“, wie wir sie betreiben möchten, Ernst genommen werden. Wir sollten über sie lachen wie über einen tollpatschigen Zirkus-Clown – und nicht in heiliger Ehrfurcht vor ihnen erstarren.

Nach der Lektüre dieses Buches sollten Sie, verehrter Leser, weniger als je zuvor in der Lage sein, in Demut (= Mutlosigkeit“) dem persönlichkeitsgestörten (= dreifaltigen) imaginären Alphamännchen (= Gott) des Christentums zu dienen. Sie werden wahrscheinlich auch keinen großen Geschmack mehr daran finden, „die Kirche im Dorf zu lassen“, geschweige denn in Ihrem eigenen Kopf!

Legen wir also die letzten Reste des christlichen „Eiapopeias“ (Heinrich Heine) ab wie einen alten, abgewetzten Mantel! Der sog. „Heilige Geist“ hat sich in 2000 Jahren Christentum als unüberbietbar geistlos erwiesen. Vertrauen wir statt seiner auf die menschliche Vernunft, auf Humor, Solidarität und Liebe – und als Urquell dessen: auf ein Hirn, „das sich gewaschen hat“.

In diesem Sinne wünschen wir eine vergnügliche Lektüre

Carsten Frerk / Michael Schmidt-Salomon

 

 

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